Kollegiat:innen 3. Kohorte

Sigmund Jakob-Michael Stephan, M.A.

Sigmund Jakob-Michael Stephan, M.A.
Friedrich-Schiller-Universität Jena
DFG-Graduiertenkolleg „Modell Romantik“
Bachstraße 18k | R. 109
07743 Jena
+49 3641 945-578
sigmund.jakob-michael.stephan@uni-jena.de

Curriculum Vitae

2012-2017 B. A. Studium der Deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg

2015-2016 Erasmusstudium an der Universität Lettlands in Riga

2017-2019 M.A. Studium von Intercultural German Studium an der Universität Mannheim und Waterloo (Ontario)

2019-2021 PhD Studium in German Studies an der Universität Waterloo (Ontario)

seit 2021 Kollegiat am Graduiertenkolleg „Modell Romantik“

Dissertationsprojekt

Modellierung einer Romantischen Komik

Insofern man die Romantik überwiegend mit Melancholie, Sehn- und Grübelsucht und Lebensüberdruss assoziiert, mag die Idee einer romantischen Komik befremden. Diesem Eindruck steht die Zentralität entgegen, welche insbesondere die Jenaer Romantiker:innen der Komödie und dem Komischen einräumen. So profiliert Friedrich Schlegel in einer seiner ersten Aufsätze Vom ästhetischen Wert der griechischen Komödie [1794] das Komische als Desideratum der Poesie: „Nichts ist seltener, als eine komische Komödie. Das komische Genie ist nicht mehr frei, es schämt sich seiner Fröhlichkeit.“

Demnach kann in einer unfreien Gesellschaft, als solche Schlegel seine eigene charakterisiert, eine Komiker:in ihre Heiterkeit nicht uneingeschränkt ausleben. Im Umkehrschluss ist die Komiker:in, die ungehemmt fröhlich sein kann, Ausweis einer freien Gesellschaft – d. h. Element einer Utopie. Schlegel bindet hierin Komik in ein emanzipatorisches Projekt ein. Das Komische erscheint als ein Aushandlungsort für Selbstverwirklichung und Autonomie in einer als restriktiv erfahrenen Gesellschaft.

Von dieser ersten Beobachtung ausgehend geht mein Dissertationsvorhaben der Frage nach, welchen Platz Komik im romantischen Projekt innehat. Ich rekonstruiere, wie die Freisetzung des „komischen Genies“ die romantische Literatur beschäftigt. Hierfür fasse ich die romantische Komik als eine textimmanente gattungsüberschreitende Stimmungsqualität auf, die der Rezipient:in eine ironische Haltung zur Welt vermitteln soll. Damit grenzt sich die romantische Komik markant von vorromantischen Komiken ab, die vornehmlich das Komische als Mittel zur moralischen Verbesserung der Zuschauer:in betrachten. Die romantische Komik steht somit in einer literaturhistorische Konstellation, die mit der Genese der autonomen Ästhetiken der Modernen, Post-Modernen und unserer Gegenwart verknüpft ist.

Die Modelltheorie gibt mir das methodologische Instrumentarium an die Hand, die verschiedenen Facetten romantischer Komik, seien es poetologische Äußerungen, biographische Materiale, oder literarische Texte, zu beleuchten und zu systematisieren, mit dem Ziel die Komplexität romantischer Komik wissenschaftlich fassbar zu machen. In einem weiteren Schritt analysiere ich, wie das Modell der romantischen Komik in modernen und zeitgenössischen Komiken nachwirkt. Zum Beispiel stellt sich die Frage, inwieweit für uns noch das ungehemmt fröhliche „komische Genie“ eine utopische Größe ist?

Publikationen

  • „Simulierte Aleatorik als Verfahren des Romantisch-Komischen.“ Literarische Aleatorik Zur Form- und Rezeptionspoetik von Zufallstexten, Hg. Dana Steglich u. Jana Vijayakumaran, in Vorbereitung.
  • „Warum zieht sich Peter Lebrecht aufs Land zurück? Das Dorf als Startpunkt der Romantik.“ Zeitschrift für Germanistik, Bd. 36, no. 3, 2024, S. 547-562,  https://doi.org/10.3726/92175_547.
  •  „Warum verkörpert Zerbino das Romantisch-Komische?: Und was ist das Romantisch-Komische?.” Modell Romantik: Variation - Reichweite - Aktualität, 2023, doi.org/10.22032/DBT.59080.
  • „Rezension von Heinrich Detering: Menschen im Weltgarten.“ Focus on German Studies, Bd. 28, 2021, https://doi.org/10.34314/FOGS2021.00001
  •  „The Early Romantic Comedy of Aesthetic Disobedience.” Oxford German Studies,  Bd. 50, no. 3, 2021, S. 350 – 364, https://doi.org/10.1080/00787191.2021.1958573
  • „Das Fundament der Einfühlungsästhetik: Smiths und Herders Rhetorik.“ Narthex: Heft für radikales Denken, Bd. 5, 2019, S. 30-35
  • „Helene (Heese) Toews (1893-1983). A Mennonite Woman’s Story About Doubt and Leadership.” Mennonite Ontario History, Bd. 3, no.1, 2019, S. 4-7, 2019.

Vorträge

  •  „E.T.A. Hoffmanns ‚Königsbraut‘ als Modell Reiner Komik.“ Hoffmanns Novellistik, Mannheim, Mannheim, 20.10.2023.
  • „The Early-Romantic (Re)invention of the ‘Aleatoric Comical’.” Chaos, Unverbundenheit, Kombination. Aleatorische (Nicht-)Formen und ihre Rezeption, Antwerpen, 17.3.2023.
  • „Warum zieht sich Peter Lebrecht auf Land zurück? Das Rurale in Tiecks Modellierung humoristisch-romantischer Autorschaft.“ Workshop Rurale Romantik, Berlin, 2.2.2023. 
  • „The Birth from Early Romanticism from Incurable Schwärmerei.” 46. Jährliche Konferenz der German Studies Association, Houston, 18.9.2022.
  • „Towards a Social Theory of The Comical: Romantic Ironism.” PhD Conference on Romantic Philosophy, Aarhus, 2.4.2022.
  • „The Ecopoetics of Uexküll’s Umweltlehre.”45. Jährliche Konferenz der German Studies Association, Indianapolis, 2.10.2021
  • „The Decolonizing Dialogue between Garlieb Helwig Merkel and Early Latvian Nationalists.” Jährliche Konferenz der Canadian Association of University Teachers of German, Edmonton, 31.5. 2021.
  • „When Species Meet and Talk at the Fringe.” Animal/Language: An Interdisciplinary Conference. Texas Tech University, Lubbock, 23.3.2019